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Diagramm für Aktuelle Auwahl statistik

1. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 372

1858 - Osnabrück : Rackhorst
372 einem besonderen Kamine verbrannt, und der aus dem Schorn- steine desselben aufsteigende Rauch ist dem draußen harrenden zahlreich versammelten Volke Beweis, daß die berathenden Kir- chenfürsten sich über einen neuen Papst noch nicht vereinigen konnten. Man kann denken, mit welcher Ungeduld alle nach je- nem Schornsteine blicken. Können die Cardinale nach Ablauf der drei ersten Tage über einen neuen Papst noch nicht zur nöthigen Stimmenzahl kommen, so erhalten sie in den fünf folgenden Tagen Mittags und Abends nur ein Gericht. Ist aber die Wahl erfolgt, so erklärt der Gewählte auf Befragen seine Annahme und gibt zugleich den Namen an, welchen er als Papst führen will. Nach verrichtetem Gebet wird er darauf mit dem päpstlichen Ornate bekleidet und empfängt von den Cardinälen mittelst Handkusses und zweimaliger Umarmung die erste Huldigung. Bei der Wahl Pius Ix. war das Volk in allgemeiner Spannung, denn eben als die Cardinäle nach dem Conclave fuhren, ver- lautete das Gerücht, man wolle den beim Volke beliebten Ca- puzinergeneral, Cardinal Micara, ohne weiteres zum Papste aus- rufen. Doch es war dies nur Gerücht, niemand machte den leisesten Versuch dazu. Man fürchtete den päpstlichen Stuhl wochen- lang erledigt zu sehen und in dem vom Quirinal aufsteigenden verhängnißvollen Rauche das Zeichen, daß die versammelten Eminenzen sich nicht vereinigen könnten. Da verbreitete sich plötz- lich schon am zweiten Abende des Conclave — dem 16. Juni 1846 — durch ganz Rom das Gerücht, Cardinal Ghizzi sei zum Papste erwählt. Der Ceremonienmeister des Conclave hatte nämlich bei Herbeischaffung eines vollständigen päpstlichen Anzu- ges sich ganz gelegentlich nach Schuhen oder Pantoffeln von der möglichst kleinsten Gattung umgethan. Die in äußerster Spannung Harrenden verfolgten die einzige aus dem Conclave gekommene Nachricht und wären der Ueberzeugung, daß der neu- gewählte Papst nur klein von Person und kein anderer, als Cardinal Ghizzi sein könne. Doch man hatte sich geirrt. Schon am andern Morgen ging in Rom von Mund zu Mund die Nachricht, daß in der verflossenen Nacht Cardinal Mastai-Feretti, einer gräflichen Familie in Sinigaglia entsprossen, zum Papste erwählt worden sei. Sofort strömte ganz Rom zu dem Quirinal, wo bereits aller Augen auf den vermauerten Balconbogen ge- richtet waren. Dieser mußte sich öffnen, bevor der neue Kirchen- fürst hervortreten konnte. Der Platz vor dem Palaste war viel zu klein, die ganze Masse des Volkes aufzunehmen. Alle Dächer und Fenster der angrenzenden Paläste waren mit erwartenden

2. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 374

1858 - Osnabrück : Rackhorst
374 Hauptaltare angekommen war, wo auf dem daselbst aufgeschla- genen Throne der Papst sich niederließ. Wenige Tage darauf erfolgte in derselben Kirche unter dem höchsten Gepränge die feierliche Krönung. Die einfache goldene Mitra ward dem neuen Herrscher abgenommen und dafür die mit Edelsteinen reich geschmückte Papstkrone mit den Worten auf das Haupt gefetzt: »Nimm die dreifache Krone und wisse, daß du der Vater der Fürsten und Könige, der Lenker des Erdkreises, der Stellvertreter unseres Heilandes Jesu Christi bist, welchem sei Ehre und Preis in Ewigkeit. Amen!" — Unter dem Geläute aller Glocken, dem Donner der Kanonen ertheilte hierauf der neue Papst den ersten großen Segen der ganzen katholischen Christenheit. Rom aber strahlte, wie an den vorhergehenden Abenden, so auch am Abende der Krönung, in glänzender Be- leuchtung. Ein neuer Papst und noch das alte Rom! Nach der Illustrierten Zeitung. 5. Statistik der kathotischcn Kirche. Die Zahl der römisch-katholischen Bisthümer mit Einschluß der 12 Patriarchate, von denen 3 in Europa (Venedig, Lissabon, Konstantinopel), 7 in Asien (Jerusalem, Antiochia, Antiochia der Melchiten, Antiochia der Maroniten, Antiochia der Syrer, Baby- lon, Cilicicn der Armenier), 1 in Afrika (Alexandria) und 1 in Amerika (spanisches Westindien), beläuft sich gegenwärtig (1858) auf 830. Davon kommen 620 auf Europa. Italien hat ver- hältnißmäßig die bei weitem größte Zahl, nämlich 275. Wenn man die Gesammtbevölkerung Italiens zu 25,061,988 Seelen annimmt, von denen 4,916,084 auf Sardinien, 5,024,117 auf das lombardisch-venetianische Königreich, 495,840 auf Parma, 598,996 auf Modena, 1,783,279 auf Toscana, 3,124,668 auf den Kirchenstaat, 9,089,004 auf beide Sicilien (Neapel) kommen, so ist das Verhältniß der Diöcesen zur Volkszahl wie 1 zu 91,134, während es sich in Frankreich wie 1 zu 418,000 stellt. Von den einzelnen italienischen Staaten haben Sardinien 41, die Lom- bardei 20, Parma 4, Modena 5, Toscana 21, der Kirchenstaat 70, beide Sicilien 114 Bisthümer. Der Kirchenstaat mit etwas über 3 Millionen Einwohner hat somit beinahe eben so viele Diöce- sen, wie Frankreich, welches mit mehr denn 36 Millionen deren 79 zählt. Belgien hat 7, Holland 4, Portugal mit den Azoren und Madeira 20, Spanien mit den Balearen 55, Groß- britannien 44, wovon 30 in Irland, 12 in England, 2 in

3. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 371

1858 - Osnabrück : Rackhorst
371 umgaben. Dagegen hing im Innern des Tempels über dem da- selbst ausgestellten Sarkophage nur eine einsame Ampel und ver- breitete ihr schwaches Dämmerlicht. Drei Tage verblieb der Leich- nam des Papstes in dieser feierlichen Aufstellung, dann ward er wahrend der Nacht in jener Mauernische beigesetzt, in welcher bis jetzt die irdischen Ueberreste seines Vorgängers Pius Viii. geruht hatten. Diese aber wurden nun hinabgetragen in die Katakomben unter dem Hauptaltare, wo in langen Reihen die Sarkophage früherer Päpste stehen. Große Seelenmessen folgten an den nächsten drei Vormittagen, worauf zum Schluß die sämmt- lichen Cardinäle den Sarkophag mit Weihwasser besprengten. Kaum war die vorgeschriebene Trauerzeit beendet (etwa vierzehn Tage nachher), als sämmtliche Cardinäle das Conclave auf dem Quirinal bezogen. Man versteht unter Conclave sowohl die Versammlung der Cardinäle zur Vollziehung einer neuen Papstwahl, als auch den Ort derselben. In dem Palaste, wo die Wahl stattsindet, ward für jeden einzelnen Cardinal eine kleine, innen mit Tuch überzogene und mit den nöthigen Ein- richtungen versehene Zelle erbaut und jede derselben durchs Loos an die einzelnen Cardinäle vertheilt. Eine solche Zelle besteht aus zwei Abtheilungen, wovon die eine für den Cardinal, die andere für seine zwei bis drei Secretäre oder Conclavisten be- stimmt ist. Jede dieser Zellen besitzt ein kleines Fenster und er- hält ihr Licht von der Galerie aus. Vor dem Palaste aber ist eine bedeutende Truppenabtheilung ausgestellt, um die hier ver- sammelten Cardinäle gegen etwaige Volksbewegungen zu Gunsten irgend einer beliebten Persönlichkeit sicher zu stellen. Daher muß- ten sich schon am Abende nach dem feierlichen Einzuge alle nicht zu dem Conclave gehörigen Personen entfernen, alle Fenster bis auf das einzige oberhalb jeder Zelle wurden vermauert, und nur ein Thor, aber auch dieses von innen und außen verschlossen, und eine Seitenpforte blieben für den unerläßlichsten Verkehr. Alle Speisen gelangten durch vier Oeffnungen im Hauptthor in das Innere. Ueber die wirklich erfolgte Verschließung des Con- clave wird eine Urkunde abgefaßt. Die Wahl selbst geschieht durch die Cardinäle; auch kann nur aus ihrer Mitte der Papst er- wählt werden. Stellvertreter für die Cardinäle sind nicht zulässig, eben so ist auch aller schriftliche und mündliche Verkehr mit den im Conclave befindlichen Carchinälen untersagt. Geheime Abstim- mung bezeichnet den Erwählten, und es wird dieselbe so lange fortgesetzt, bis zwei Drittel der Stimmen sich für einen erklärt haben. Die Stimmzettel werden nach jeder erfolglosen Wahl in '24*

4. Bilder aus der Länder- und Völkerkunde, wie auch aus der Physik der Erde - S. 373

1858 - Osnabrück : Rackhorst
373 Menschen bedeckt. Da, bald nach 9 Uhr, entstand am untersten Ende der frischen Mauer eine Oeffnung, welche in unglaublicher Schnelle sich aufwärts vergrößerte, bis sie kurz darauf Mannes- höhe erreicht hatte. Zuerst kam eine Menge schwarzgekleideter Hofbeamten heraus, denen der Cardinal-Diaconus Sforza folgte. Derselbe verkündete aus einem Manifeste dem anwesenden Volke die Wahl des neuen Papstes und seinen Namen Pius Ix. Bald darauf erschienen auch sämmtliche Cardinäle, alle in violetfarbe- nem Hauskleide mit rothen Käppchen auf den Häuptern. Die ersteren Beamten hatten sich vom Balcón entfernt, die Cardinäle allein füllten ihn jetzt. Ein Kreuz in der Maueröffnung ward sichtbar, hinter ihm der neue Papst im Ornate der päpstlichen Hauskleidung. Er war tief bewegt, und als er die Rechte zum ersten Segen erheben wollte, bedeckte er mit dem Tuche in der Linken das Angesicht und weinte. Das Volk aber fiel auf die Knie, entblößte das Haupt und rief unter dem Schwenken der Tücher und Hüte: Evviva il santo Padre, Pio Nono! (es lebe der heilige Vater, Pius Ix.) Die Clausur des Conclave hatte aufgehört, die Cardinäle eilten über die von der Menge bedeckten Straßen heim in ihre Paläste. Das Militär, mit grünen Zweigen auf den Tschako's, durchzog die Stadt mit klingendem Spiel, alle Glocken ertönten, bis am Nachmittage um fünf Uhr der neue Papst seinen feier- lichen Einzug vom Ouirinal nach St. Peter hielt, um hier am Grabe des Apostels Gott zu danken und die Huldigungen der Cardinäle entgegenzunehmen. Er saß im goldenen Staatswagen, welcher von acht prachtvoll geschirrten Rossen gezogen ward. Ein Diacon ritt mit hohem, goldenem Kreuze auf einem schön ge- zäumten weißen Maulthiere dem Wagen voran, während die päpstliche Nobelgarde zu Pferde demselben folgte. Lauter Jubel des Volkes erscholl aller Orten, aus allen Fenstern wehten die Tücher, die Glocken aller Kirchen läuteten, und beim Betreten der Engelsbrücke erdröhnten die Kanonen. In der Sixtinischen Kapelle angelangt, empfing der Papst am Altare die Huldigung sämnrtlicher Cardinäle, indem ihm dieselben Fuß, Knie und Schultern küßten. Doch der feierlichste Moment war, als die groß- ßen Bronzethüren des Haupteinganges der St. Peterskirche sich dem neuen Fürsten zum erstenmale aufthaten, und dieser auf dem goldenen Stuhle hereingetragen wurde, zu beiden Seiten die weißen Pfauenwedel und umgeben von der Schweizer Helle- bardenwache in mittelalterlicher Tracht. Rauschende Musik ertönte durch die weiten, großartigen Tempelhallen, bis der Zug am

5. Realienbuch für Stadt- und Landschulen - S. 14

1900 - Osnabrück : Rackhorst
14 von dem Eide, den sie dem König geleistet hätten oder noch leisten würden, und verbot, ihm als einem Könige zu dienen. Auch Heinrichs Anhänger belegte er mit dem Bann. Die Gebannten waren von der Kirche ausgeschlossen, dursten kein Gotteshaus betreten, nicht das heilige Abendmahl genießen; starb jemand im Bann, so wurde er ohne Geläut und Begleitung des Priesters in ungeweihter Erde beigesetzt. Heinrich hatte viele Feinde, besonders in Sachsen. Auf einer Versammlung erklärten die deutschen Fürsten, sie würden einen andern König wählen, wenn er sich nicht binnen Jahresfrist vom Banne löse. Bon den Fürsten verlassen, mußte der König sich vor dem Papste beugen. Mitten im Winter pilgerte er in geringer Begleitung über die Alpen; drei Tage stand er im Januar 1077 in härenem Büßergewande und barfuß im Vorhofe der Burg Kanossa, ehe der Papst ihn einließ lind vom Banne lösete. Trotzdem wählten die deutschen Fürsten einen anderen König. Aber Heinrich fand abermals Hülfe bei den Städten; er be- siegte seinen Gegenkönig, zog mit einem starken Heere nach Rom und vertrieb den Papst, der ans der Flucht starb. Auch Heinrichs Sohn, König Heinrich V., kämpfte mit dem Papste um das Recht, die Bischöfe einzusetzen. Zuletzt schlossen sie folgenden Vertrag: die Bischöfe sollen von den Geistlichen am Dom gewählt werden; der Papst soll sie durch Überreichung von Ring und Stab in ihr geistliches Amt einsetzen, der Kaiser ihnen durch Überreichung der Fahne weltliche Macht verleihen. So ist es bis in die Neuzeit gehalten worden. 9. Sischof Senno Ii. 1. Seine Jugend. Einer der treuesten Freunde Kaiser Heinrichs Iv. war Bischof Benno von Osnabrück. Er wurde in Schwaben geboren, besuchte die Gelehrtenschule im Kloster Reichenau am Bvdensee, in Straßburg und in Speier und zeichnete sich überall ans; denn er wurde nicht nur ein Gelehrter, sondern erwarb sich auch großes Verständnis für die Baukunst. Der Bischof von Straßburg nahm ihn als Begleiter- aus einer Pilgerreise nach Jerusalem mit. König Heinrich Iii. lernte ihn in Speier kennen und nahm ihn mit nach Goslar, damit er ihn dort bei der Erbauung der Pfalz unterstütze. Auch dein jungen Könige Heinrich Iv. war Benno ein trefflicher Ratgeber: er diente ihm haupt- sächlich bei der Erbauung der Burgen im Harz und in Thüringen. 2. Als Bischof. Als um diese Zeit der Bischof von Osnabrück starb, ernannte Heinrich Iv. Benno zu dessen Nachfolger; dieser nannte sich jetzt Benno Ii. Aus kurze Zeit besuchte er unser Bistum; aber der König wollte ihn am liebsten stets in seiner Nähe haben. Benno begleitete ihn während der Sachsenkriege und unterzeichnete auch die Urkunde mit, durch welche Papst Gregor für abgesetzt erklärt wurde. Dafür traf ihn der Bannstrahl; deshalb pilgerte er wie sein König über die Alpen und erbat sich vom Papste Verzeihung. In seinen letzten Jahren widmete er sich ganz dem Wohle seines Bistums. Gleich nach seiner Wahl hatte er gelobt, in seinem Bistum eine Kirche zu bauen und ein Kloster zu stiften. Als Ort für beide wählte er den Hügel, aus welchem ehemals die alte Iburg gestanden hatte, der ihm gehörte. Mehrere fromme Leute schenkten ihm Ländereien, ja ganze Höfe, von deren Erträgen die Mönche leben sollten. Als er anfing zu

6. Realienbuch für Stadt- und Landschulen - S. 34

1900 - Osnabrück : Rackhorst
34 Peterskirche in Rom verwenden. Der Ablaßhändler Tetzel knin auch in die Nähe Wittenbergs, und viel Volks ans der Stadt lief zu ihm. Er verkaufte Ablaß für Mord, Ehebruch und Meineid, selbst für Sünden Verstorbener; von der Notwendigkeit der Buße sagte er nichts. Um diesem Mißbrauch zu steuern, schrieb Luther seine Ansicht über den Ablaß in 95 Sätzen auf einen Bogen und nagelte ihn am 31. Oktober 1517 an die Thür der Schloßkirche in Wittenberg. Diese Sätze wollte er gegen jedermann verteidigen; einer derselben lautete: „Die werden samt ihren Meistern zum Teufel fahren, die da vermeinen, durch Ablaß- briefe ihrer Seligkeit gewiß zu sein." Die Sätze wurden abgeschrieben und gedruckt; in vier Wochen hatteil sie die ganze Christenheit durch- laufen, als wären die Engel selbst Botenläuser gewesen. Der Papst forderte Luther zur Verantwortung nach Rom; aber Friedrich der Weise wollte ihn vor dieser Gefahr behüten und bewirkte, daß er in Deutsch- land verhört wurde. Als aber der Papst Luther weder durch Drohung noch durch Güte zum Schweigen zu bringen vermochte, that er ihn in den Bann; Luther verbrannte jedoch die Bannbulle und sagte sich damit öffentlich vom Papste los. 2. Reichstag zu Worms. Ein Jahr zuvor hatten die deutschen Fürsten Karl V. zum Kaiser gewählt, der Spanien, die Niederlande, Österreich, einen Teil von Italien und große Gebiete in Amerika und Asien besaß, so daß er mit Recht sagen konnte: „In meinem Reiche geht die Sonne nicht unter." Diesen mächtigen Kaiser rief der Papst gegen den Mönch zu Hülfe. Karl hielt in Worms seinen ersten Reichs- tag und lud auch Luther dazu, indem er ihm freies Geleit zusicherte. Luthers Freunde warnten ihn, man werde ihn wie Huß verbrennen; er aber sprach: „Wenn sie zwischen Wittenberg und Worms ein Feuer machten, das bis zum Himmel reichte, so wollte ich doch hin." Vor Worms ließ ihn ein Freund nochmals warnen, erhielt aber zur Ant- wort : „Und wenn in Worms so viel Teufel wären, wie Ziegel auf den Dächern, wollte ich doch hinein!" Gleich nach seiner Ankunft wurde er vor den Reichstag geladen. Dort saß aus erhabenem Thron der Kaiser, zu beiden Seiteil die Kurfürsten, Herzoge. Bischöfe, Grafen und Herren; aus einer Bank erblickte Luther seine Schriften. Der Kaiser ließ ihn fragen, ob er die Schriften verfaßt habe und ob er sie widerrufen wolle. Luther lvar von all dem Glanz wie geblendet. Die erste Frage beantwortete er mit Ja, für die Beantwortung der zweiten aber erbat und erhielt er einen Tag Bedenkzeit. Die folgende Nacht verbrachte er in inbrünstigem Gebet. Sv gestärkt trat er am anderen Tage ent- schlossen vor die Versammlung; in einer lateinischen Rede, die er auf Verlangen deutsch wiederholte, verteidigte er seine Schriften, und als der Kaiser eine kurze und bündige Antwort verlangte, antwortete Luther: „So will ich eine geben, die weder Horner noch Zähne hat. Wenn man mir ans der heiligen Schrift nachweiset, daß ich unrecht gelehret habe, will ich widerrufen, sonst nicht. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir!" Seine Rede machte einen tiefen Eindruck; alles Volk strömte herbei, um den kühnen Mönch 51t sehen. 3. Auf der Wartburg. Der Kaiser gewährte Luther auch für die Heimreise freies Geleit, nach seiner Abreise aber that er ihn in die Reichsacht: niemand sollte ihn hausen, hosen oder ätzen, sondern, wer seiner habhaft würde,. dem Kaiser ausliefern; seine Schriften sollten

7. Realienbuch für Stadt- und Landschulen - S. 9

1900 - Osnabrück : Rackhorst
9 afrifst und Spanien unterworfen. Karl zog über die Pyrenäen, eroberte das Land bis zum Ebro zurück und verleibte es als spanische Mark seinem Reiche ein. Auf dem Rückwege wurde sein Heer in den Pyrenäen von den Eingeborenen übersatten, wobei auch der sagenberühmte Held Roland seinen Tod fand. Als der Papst von dem Könige der Longo- barden bedroht wurde, rief er Karl um Hilfe an. Dieser besiegte den Longobardenkönig, der auch sein Gegner war, und ließ sich selber zum Könige der Langobarden krönen. Später mußte er den Papst noch öfter beschützen. Im Jahre 800 feierte er in Rom das Weihnachtsfest. Als er um Mitternacht am Altar der Peterskirche kniete, nahte sich ihm plötz- lich der Papst, setzte ihm eine goldene Krone ans und salbte ihn mit ge- weihtem Öle zum römischen Kaiser. Das Volk aber rief dreimal: „Leben und Sieg dem von Gott gekrönten großen und sriedenbringenden Kaiser der Römer!" Dann stimmte die ganze Gemeinde eineil feierlichen Krönungs- gesang an. Damit war das in der Völkerwanderung untergegangene römische Kaisertum wieder aufgerichtet; Karl aber betrachtete sich seit- dem als Herrn der gesamten Christenheit und als Schirmherrn der römischen Kirche. 4. Bistum Osnabrück. Um das Christentum den Sachsen näher zu bringen, legte Karl in ihrem Lande Bistümer an. Einem frommen Priester aus Friesland mit Namen Wiho schenkte er einen großen Hof, der auf dem jetzigen Domhvs in Osnabrück lag, und erbaute dort eine hölzerne Kirche. Wiho wurde der erste Bischof von Osnabrück. Er und andere Geistliche, die seine Gehülfen waren, zogen in der Um- gegend umher, lehrten und tauften. Sobald sich eine genügende Anzahl bekehrt hatte, wurde für sie eine neue Kirche errichtet. Die ältesten Kirchen unsers Bistums nächst dem Dome sind die zu Melle, Bramsche, Dissen, Wiedenbrück, Damme und Hunteburg. In der Grafschaft Bentheim predigten Missionare aus dem Kloster Utrecht; der be- deutendste von ihnen war Luidger, der später der erste Bischof von Münster wurde. Die älteste Kirche Bentheims sott die zu Ohne sein; die Kirchen in Schüttors und Nordhorn sind wahrscheinlich von Luidger ge- gründet. Karl der Große soll auch schon in Meppen eine Kirche erbaut haben, und Luidger predigte an der Ems ebenfalls das Evangelium; aber das Land Äeppen und Lin gen ist hauptsächlich von Mönchen der Klöster Korvey und Werden bekehrt worden, die in Meppen und Visbeck Missionshäuser gründeten. Die älteste Kirche dieser Gegend soll die zu Bvkelo sein; sehr alt sind auch die zu Meppen, Aschendorf, Lengerich, Schapen und Freren. Außer dem Bistum Osnabrück gründete Karl im Sachsenlande noch die Bistümer Münster, Paderborn, Minden, Verden und Bremen. Lingen und Meppen gehörten zum Bistum Osnabrück; von Bentheim dagegen gehörte die Öbergrasschaft zu Münster, die Untergrafschast zu Utrecht. Der Bischof führte die kirchliche Aufsicht über seinen Sprengel und erhielt von allen Einwohnern desselben den Zehnten. Zu seinem Schutze setzte Karl einen Vogt ein, der mit seinem Kriegsvolk für Ruhe und Ordnung sorgte und an Stelle des Kaisers Recht sprach. Unter seinem Schutze siedelten sich in der Nähe des Bischofs außer dessen Dienern auch Bauern, Kaufleute und Handwerker an, die nach Beendi- gung des Gottesdienstes ihre Waren feilboten. So entstanden Märkte, die ebenso wie der Gottesdienst Messen genannt wurden. Die Bischofs-

8. Realienbuch für Stadt- und Landschulen - S. 13

1900 - Osnabrück : Rackhorst
13 sie unter das ebenfalls von ihm gegründete Erzbistum Magdeburg. Zur Bekehrung der Dänen errichtete" er das Bistum Schleswig. Als um diese Zeit die Ungarn noch einmal einen Einfall in Deutschland wagten, schlug er sie ans dem Lechselde so gewaltig aufs Haupt, daß sie niemals wiederkamen. Znm Dank nannte man Otto den Großen. 2. Erwerbung der Kaiserkrone. Wie Karl der Große wollte auch Otto die Kaiserwürde erlangen und oberster Herr der Christenheit sein. Als 962 der Papst von einem italienischen Fürsten bedrängt wurde, ries er Otto um Hilfe an; dieser befreiete ihn und erhielt dafür vom Papste die Kaiserkrone. Das deutsche Reich hieß seit dieser Zeit „heiliges römisches Reich deutscher Nation." Die Römer mußten dem Kaiser ver- sprechen, daß sie ohne seine Einwilligung niemals einen Papst wählen wollten. Auch die späteren deutschen Könige haben nach der Kaiserwürde gestrebt, und viele haben sie erlangt; das deutsche Volk war das erste der ganzen Christenheit. 8. Heinrich Iv.; 1077. 1. Seine Jugend und sein Kampf mit den Sachsen. Nachdem alle männlichen Nachkommen König Heinrichs I. gestorben waren, wählten die Deutschen wieder fränkische Fürsten zu ihren Königen; der dritte derselben war Heinrich Iv. Er war schon zu Lebzeiten seines Vaters znm Könige gewählt, aber erst sechs Jahre alt, als dieser starb; deshalb führte feine Mutter für ihn die Regierung. Aber die Fürsteil wollten einer Frau nicht gehorchen; daher raubten sie den jungen König und regierten selber für ihn. Zuerst war er in der Gewalt des Erzbischofs Hanno voil Köln, der U)u sehr streng erzog; dann kam er zu dem Erz- bischof Adalbert von Bremen,_ der ihm zu viele Freiheit gewährte und ihm Haß gegen die Sachsen einflößte. Schon mit dem 15. Lebensjahre übernahm Heinrich selber die Regierung. Er weilte gern in Goslar aus der Pfalz, welche sein Vater erbaut hatte und die in unseren Tageil wieder aufgebaut ist. Aus bcu Bergen des Harzes nnb Thürin- gens errichtete er stolze Burgen; die schönste war die Harzbnrg. Die Sachsen aber wähnten, mit Hülfe dieser Burgen wolle Heinnch ihre Freiheit unterdrücken. Deshalb erhoben sie sich und zerstörten die Burgen; der König entkam nur mit genauer Not. Aber mit Hülfe der Städte am Rhein besiegte er die Sachsen und verheerte ihr Land mit Feuer und Schwert. In dieser Not baten sie den Papst um Hülfe. 2. Kampf mit Gregor Vii. Auf dem päpstlichen Stuhle saß da- mals Gregor Vii., ein sittenstrenger Mann von eiserner Willenskraft. Er wollte ilicht nur die Kirche von der weltlichen Macht ganz unabhängig »lachen, sondern die Macht des Papstes, der schon damals als Oberhaupt der ganzen christlichen Kirche galt, über die kaiserliche erhöhen. Deshalb gebot er den Geistlichen Ehelosigkeit, verbot die Simonie, d. i. den Verkauf geistlicher Ämter, und beanspruchte die Investitur, d. i. das Recht, die Bischöfe einzusetzen, das bisher der Kaiser gehabt hatte. Er forderte Heinrich ans, die Bischöfe zu entlassen, welche ihr Amt durch Simonie erlangt hätten; ja er bedrohte ihn sogar mit dem Bann. Das hatte lloch kein Papst einem deutschen Könige geboten. Voll Grimm versammelte Heinrich die deutschen Bischöfe und ließ durch sie bcu Papst absetzen; deshalb that dieser den König in den Bailn. Er löste alle

9. Realienbuch für Stadt- und Landschulen - S. 18

1900 - Osnabrück : Rackhorst
18 harter Kämpfe. Die Mitglieder des Deutschen Ordens mußten Deutsche sein; sie trugen über ihrem Panzer einen weißen Mantel mit schwarzem Kreuze. Als später Palästina den Christen verloren ging, ließ sich der Deutsche Orden in Venedig nieder; seine segensreichste Wirksamkeit hat er aber in Preußen entfaltet. 12. Friedrich Karbarojsa und Heinrich der Löwe; 1180. 1. Kämpfe in Italien. Etwa 50 Jahre nach dem Tode Heinrichs I V. wählten die Deutschen Fürsten Friedrich von Hohenstaufen zu ihrem Könige. Er trug seinen Namen von seinem Stammschlosse, das auf dem hohen Staufen in Schwaben lag; die Italiener nannten ihn Bar- barossa, d. i. Rotbart. Er war ein ritterlicher Held, der sich Karl den Großen und Otto den Großen zum Vorbilde nahm. Wie jene zwang auch er Dünen, Böhmen und Polen zum Gehorsam und wollte _ das kaiserliche Ansehen in Italien wiederherstellen. Aber die italienischen Städte waren durch den Handel reich und mächtig geworden und ver- weigerten ihni den Gehorsam; die Römer hatten sogar den Papst ver- jagt. Deshalb brach Friedrich mit einem großen Heere nach Italien aus; seine stärkste Stütze war sein junger Vetter, der Welse Heinrich der Löwe, Herzog von Sachsen. Friedrich führte den Papst nach Rom zurück und empfing dafür von ihm in der Peterskirche die Kaiserkrone. Voll Ingrimm überfielen deshalb die Römer das deutsche Herr, das vor den Thoren lagerte. Aber Heinrich der Löwe, ans den sie zunächst stießen, trieb sie mit seinen Sachsen zurück; er rettete auch seinem Kaiser das Leben, den fein Roß im Kampfgewühl auf der Tiberbrücke ans dem Sattel geschleudert hatte. Dankerfüllt nahm ihm Friedrich den Helm vom wunden Haupte, wischte ihm das Blut ab und sprach: „Das werde ich Dir gedenken, Heinrich!" Nach Deutschland zurückgekehrt, gab er dem Löwen auch das Herzogtum Bayern, das dessen Vater ebenfalls zu Lehen gehabt hatte. Noch fünfmal mußte Friedrich über die Alpen ziehen; aber er konnte die italienischen Städte nicht vollständig unter- werfen. 2. Heinrich der Löwe war jetzt nächst dem Kaiser der mächtigste Fürst Deutschlands; dazu breitete er seine Macht noch immer weiter aus. Er kämpfte gegen die Wenden jenseit der unteren Elbe und er- oberte Mecklenburg und Pommern bis zur Ostsee. Deutsche Kolonisten, besonders ans Niedersachsen, ließen sich dort nieder, neue Bistümer traten ins Leben, und so wurde das Christentum und deutsches Wesen in jenen Ländern heimisch. Durch Heinrich den Löwen wurde Lübeck die mächtigste Handelsstadt der Ostsee, München hat er gegründet; auch Hannover und Braunschweig wurden erst durch ihn wichtige Städte. Viele deutsche Fürsten beneideten den mächtigen Welsen; er aber ließ ihnen zum Hohn vor seiner Burg in Brannschweig einen ehernen Löwen errichten. Auch der Löwenpudel in Osnabrück erinnert an Heinrich den Löwen. 3. Heinrichs Fall. Da der Kaiser seine Gegner in Italien nicht zu überwinden vermochte, rief er Heinrich den Löwen zur Hülfe; dieser aber verweigerte ihm die Heeresfolge, infolgedessen wurde Friedrich be- siegt. Zornig kehrte er nach Deutjchland zurück und erklärte Heinrich
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