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einem besonderen Kamine verbrannt, und der aus dem Schorn-
steine desselben aufsteigende Rauch ist dem draußen harrenden
zahlreich versammelten Volke Beweis, daß die berathenden Kir-
chenfürsten sich über einen neuen Papst noch nicht vereinigen
konnten. Man kann denken, mit welcher Ungeduld alle nach je-
nem Schornsteine blicken. Können die Cardinale nach Ablauf der
drei ersten Tage über einen neuen Papst noch nicht zur nöthigen
Stimmenzahl kommen, so erhalten sie in den fünf folgenden
Tagen Mittags und Abends nur ein Gericht. Ist aber die Wahl
erfolgt, so erklärt der Gewählte auf Befragen seine Annahme
und gibt zugleich den Namen an, welchen er als Papst führen
will. Nach verrichtetem Gebet wird er darauf mit dem päpstlichen
Ornate bekleidet und empfängt von den Cardinälen mittelst
Handkusses und zweimaliger Umarmung die erste Huldigung. Bei
der Wahl Pius Ix. war das Volk in allgemeiner Spannung,
denn eben als die Cardinäle nach dem Conclave fuhren, ver-
lautete das Gerücht, man wolle den beim Volke beliebten Ca-
puzinergeneral, Cardinal Micara, ohne weiteres zum Papste aus-
rufen. Doch es war dies nur Gerücht, niemand machte den
leisesten Versuch dazu. Man fürchtete den päpstlichen Stuhl wochen-
lang erledigt zu sehen und in dem vom Quirinal aufsteigenden
verhängnißvollen Rauche das Zeichen, daß die versammelten
Eminenzen sich nicht vereinigen könnten. Da verbreitete sich plötz-
lich schon am zweiten Abende des Conclave — dem 16. Juni
1846 — durch ganz Rom das Gerücht, Cardinal Ghizzi sei
zum Papste erwählt. Der Ceremonienmeister des Conclave hatte
nämlich bei Herbeischaffung eines vollständigen päpstlichen Anzu-
ges sich ganz gelegentlich nach Schuhen oder Pantoffeln von
der möglichst kleinsten Gattung umgethan. Die in äußerster
Spannung Harrenden verfolgten die einzige aus dem Conclave
gekommene Nachricht und wären der Ueberzeugung, daß der neu-
gewählte Papst nur klein von Person und kein anderer, als
Cardinal Ghizzi sein könne. Doch man hatte sich geirrt. Schon
am andern Morgen ging in Rom von Mund zu Mund die
Nachricht, daß in der verflossenen Nacht Cardinal Mastai-Feretti,
einer gräflichen Familie in Sinigaglia entsprossen, zum Papste
erwählt worden sei. Sofort strömte ganz Rom zu dem Quirinal,
wo bereits aller Augen auf den vermauerten Balconbogen ge-
richtet waren. Dieser mußte sich öffnen, bevor der neue Kirchen-
fürst hervortreten konnte. Der Platz vor dem Palaste war viel
zu klein, die ganze Masse des Volkes aufzunehmen. Alle Dächer
und Fenster der angrenzenden Paläste waren mit erwartenden
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Hauptaltare angekommen war, wo auf dem daselbst aufgeschla-
genen Throne der Papst sich niederließ.
Wenige Tage darauf erfolgte in derselben Kirche unter dem
höchsten Gepränge die feierliche Krönung. Die einfache goldene
Mitra ward dem neuen Herrscher abgenommen und dafür die
mit Edelsteinen reich geschmückte Papstkrone mit den Worten auf
das Haupt gefetzt: »Nimm die dreifache Krone und wisse, daß
du der Vater der Fürsten und Könige, der Lenker des Erdkreises,
der Stellvertreter unseres Heilandes Jesu Christi bist, welchem
sei Ehre und Preis in Ewigkeit. Amen!" — Unter dem Geläute
aller Glocken, dem Donner der Kanonen ertheilte hierauf der
neue Papst den ersten großen Segen der ganzen katholischen
Christenheit. Rom aber strahlte, wie an den vorhergehenden
Abenden, so auch am Abende der Krönung, in glänzender Be-
leuchtung.
Ein neuer Papst und noch das alte Rom!
Nach der Illustrierten Zeitung.
5. Statistik der kathotischcn Kirche.
Die Zahl der römisch-katholischen Bisthümer mit Einschluß
der 12 Patriarchate, von denen 3 in Europa (Venedig, Lissabon,
Konstantinopel), 7 in Asien (Jerusalem, Antiochia, Antiochia der
Melchiten, Antiochia der Maroniten, Antiochia der Syrer, Baby-
lon, Cilicicn der Armenier), 1 in Afrika (Alexandria) und 1 in
Amerika (spanisches Westindien), beläuft sich gegenwärtig (1858)
auf 830. Davon kommen 620 auf Europa. Italien hat ver-
hältnißmäßig die bei weitem größte Zahl, nämlich 275. Wenn
man die Gesammtbevölkerung Italiens zu 25,061,988 Seelen
annimmt, von denen 4,916,084 auf Sardinien, 5,024,117 auf
das lombardisch-venetianische Königreich, 495,840 auf Parma,
598,996 auf Modena, 1,783,279 auf Toscana, 3,124,668 auf
den Kirchenstaat, 9,089,004 auf beide Sicilien (Neapel) kommen,
so ist das Verhältniß der Diöcesen zur Volkszahl wie 1 zu 91,134,
während es sich in Frankreich wie 1 zu 418,000 stellt. Von den
einzelnen italienischen Staaten haben Sardinien 41, die Lom-
bardei 20, Parma 4, Modena 5, Toscana 21, der Kirchenstaat 70,
beide Sicilien 114 Bisthümer. Der Kirchenstaat mit etwas über
3 Millionen Einwohner hat somit beinahe eben so viele Diöce-
sen, wie Frankreich, welches mit mehr denn 36 Millionen
deren 79 zählt. Belgien hat 7, Holland 4, Portugal mit den
Azoren und Madeira 20, Spanien mit den Balearen 55, Groß-
britannien 44, wovon 30 in Irland, 12 in England, 2 in
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Extrahierte Personennamen: Jesu_Christi
Extrahierte Ortsnamen: Europa Venedig Lissabon Konstantinopel Asien Jerusalem Antiochia Antiochia Antiochia Antiochia Afrika Alexandria Amerika Westindien Europa Italien Italiens Sardinien Parma Modena Sicilien Neapel Frankreich Sardinien Parma Modena Frankreich Belgien Holland Portugal Spanien Irland England
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umgaben. Dagegen hing im Innern des Tempels über dem da-
selbst ausgestellten Sarkophage nur eine einsame Ampel und ver-
breitete ihr schwaches Dämmerlicht. Drei Tage verblieb der Leich-
nam des Papstes in dieser feierlichen Aufstellung, dann ward er
wahrend der Nacht in jener Mauernische beigesetzt, in welcher
bis jetzt die irdischen Ueberreste seines Vorgängers Pius Viii.
geruht hatten. Diese aber wurden nun hinabgetragen in die
Katakomben unter dem Hauptaltare, wo in langen Reihen die
Sarkophage früherer Päpste stehen. Große Seelenmessen folgten
an den nächsten drei Vormittagen, worauf zum Schluß die sämmt-
lichen Cardinäle den Sarkophag mit Weihwasser besprengten.
Kaum war die vorgeschriebene Trauerzeit beendet (etwa
vierzehn Tage nachher), als sämmtliche Cardinäle das Conclave
auf dem Quirinal bezogen. Man versteht unter Conclave sowohl
die Versammlung der Cardinäle zur Vollziehung einer neuen
Papstwahl, als auch den Ort derselben. In dem Palaste, wo
die Wahl stattsindet, ward für jeden einzelnen Cardinal eine
kleine, innen mit Tuch überzogene und mit den nöthigen Ein-
richtungen versehene Zelle erbaut und jede derselben durchs Loos
an die einzelnen Cardinäle vertheilt. Eine solche Zelle besteht
aus zwei Abtheilungen, wovon die eine für den Cardinal, die
andere für seine zwei bis drei Secretäre oder Conclavisten be-
stimmt ist. Jede dieser Zellen besitzt ein kleines Fenster und er-
hält ihr Licht von der Galerie aus. Vor dem Palaste aber ist
eine bedeutende Truppenabtheilung ausgestellt, um die hier ver-
sammelten Cardinäle gegen etwaige Volksbewegungen zu Gunsten
irgend einer beliebten Persönlichkeit sicher zu stellen. Daher muß-
ten sich schon am Abende nach dem feierlichen Einzuge alle nicht
zu dem Conclave gehörigen Personen entfernen, alle Fenster bis
auf das einzige oberhalb jeder Zelle wurden vermauert, und nur
ein Thor, aber auch dieses von innen und außen verschlossen,
und eine Seitenpforte blieben für den unerläßlichsten Verkehr.
Alle Speisen gelangten durch vier Oeffnungen im Hauptthor in
das Innere. Ueber die wirklich erfolgte Verschließung des Con-
clave wird eine Urkunde abgefaßt. Die Wahl selbst geschieht durch
die Cardinäle; auch kann nur aus ihrer Mitte der Papst er-
wählt werden. Stellvertreter für die Cardinäle sind nicht zulässig,
eben so ist auch aller schriftliche und mündliche Verkehr mit den
im Conclave befindlichen Carchinälen untersagt. Geheime Abstim-
mung bezeichnet den Erwählten, und es wird dieselbe so lange
fortgesetzt, bis zwei Drittel der Stimmen sich für einen erklärt
haben. Die Stimmzettel werden nach jeder erfolglosen Wahl in
'24*
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373
Menschen bedeckt. Da, bald nach 9 Uhr, entstand am untersten
Ende der frischen Mauer eine Oeffnung, welche in unglaublicher
Schnelle sich aufwärts vergrößerte, bis sie kurz darauf Mannes-
höhe erreicht hatte. Zuerst kam eine Menge schwarzgekleideter
Hofbeamten heraus, denen der Cardinal-Diaconus Sforza folgte.
Derselbe verkündete aus einem Manifeste dem anwesenden Volke
die Wahl des neuen Papstes und seinen Namen Pius Ix. Bald
darauf erschienen auch sämmtliche Cardinäle, alle in violetfarbe-
nem Hauskleide mit rothen Käppchen auf den Häuptern. Die
ersteren Beamten hatten sich vom Balcón entfernt, die Cardinäle
allein füllten ihn jetzt. Ein Kreuz in der Maueröffnung ward
sichtbar, hinter ihm der neue Papst im Ornate der päpstlichen
Hauskleidung. Er war tief bewegt, und als er die Rechte zum
ersten Segen erheben wollte, bedeckte er mit dem Tuche in der
Linken das Angesicht und weinte. Das Volk aber fiel auf die
Knie, entblößte das Haupt und rief unter dem Schwenken der
Tücher und Hüte: Evviva il santo Padre, Pio Nono! (es lebe
der heilige Vater, Pius Ix.)
Die Clausur des Conclave hatte aufgehört, die Cardinäle
eilten über die von der Menge bedeckten Straßen heim in ihre
Paläste. Das Militär, mit grünen Zweigen auf den Tschako's,
durchzog die Stadt mit klingendem Spiel, alle Glocken ertönten,
bis am Nachmittage um fünf Uhr der neue Papst seinen feier-
lichen Einzug vom Ouirinal nach St. Peter hielt, um hier am
Grabe des Apostels Gott zu danken und die Huldigungen der
Cardinäle entgegenzunehmen. Er saß im goldenen Staatswagen,
welcher von acht prachtvoll geschirrten Rossen gezogen ward. Ein
Diacon ritt mit hohem, goldenem Kreuze auf einem schön ge-
zäumten weißen Maulthiere dem Wagen voran, während die
päpstliche Nobelgarde zu Pferde demselben folgte. Lauter Jubel
des Volkes erscholl aller Orten, aus allen Fenstern wehten die
Tücher, die Glocken aller Kirchen läuteten, und beim Betreten
der Engelsbrücke erdröhnten die Kanonen. In der Sixtinischen
Kapelle angelangt, empfing der Papst am Altare die Huldigung
sämnrtlicher Cardinäle, indem ihm dieselben Fuß, Knie und
Schultern küßten. Doch der feierlichste Moment war, als die groß-
ßen Bronzethüren des Haupteinganges der St. Peterskirche sich
dem neuen Fürsten zum erstenmale aufthaten, und dieser auf
dem goldenen Stuhle hereingetragen wurde, zu beiden Seiten
die weißen Pfauenwedel und umgeben von der Schweizer Helle-
bardenwache in mittelalterlicher Tracht. Rauschende Musik ertönte
durch die weiten, großartigen Tempelhallen, bis der Zug am
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Extrahierte Personennamen: Cardinal-Diaconus_Sforza Evviva Pio_Nono Peter Apostels
14
von dem Eide, den sie dem König geleistet hätten oder noch leisten
würden, und verbot, ihm als einem Könige zu dienen. Auch Heinrichs
Anhänger belegte er mit dem Bann. Die Gebannten waren von der
Kirche ausgeschlossen, dursten kein Gotteshaus betreten, nicht das heilige
Abendmahl genießen; starb jemand im Bann, so wurde er ohne Geläut
und Begleitung des Priesters in ungeweihter Erde beigesetzt.
Heinrich hatte viele Feinde, besonders in Sachsen. Auf einer
Versammlung erklärten die deutschen Fürsten, sie würden einen andern
König wählen, wenn er sich nicht binnen Jahresfrist vom Banne löse.
Bon den Fürsten verlassen, mußte der König sich vor dem Papste beugen.
Mitten im Winter pilgerte er in geringer Begleitung über die Alpen;
drei Tage stand er im Januar 1077 in härenem Büßergewande und
barfuß im Vorhofe der Burg Kanossa, ehe der Papst ihn einließ lind
vom Banne lösete. Trotzdem wählten die deutschen Fürsten einen anderen
König. Aber Heinrich fand abermals Hülfe bei den Städten; er be-
siegte seinen Gegenkönig, zog mit einem starken Heere nach Rom und
vertrieb den Papst, der ans der Flucht starb. Auch Heinrichs Sohn,
König Heinrich V., kämpfte mit dem Papste um das Recht, die Bischöfe
einzusetzen. Zuletzt schlossen sie folgenden Vertrag: die Bischöfe sollen
von den Geistlichen am Dom gewählt werden; der Papst soll sie durch
Überreichung von Ring und Stab in ihr geistliches Amt einsetzen, der
Kaiser ihnen durch Überreichung der Fahne weltliche Macht verleihen.
So ist es bis in die Neuzeit gehalten worden.
9. Sischof Senno Ii.
1. Seine Jugend. Einer der treuesten Freunde Kaiser Heinrichs Iv.
war Bischof Benno von Osnabrück. Er wurde in Schwaben geboren,
besuchte die Gelehrtenschule im Kloster Reichenau am Bvdensee, in
Straßburg und in Speier und zeichnete sich überall ans; denn er wurde
nicht nur ein Gelehrter, sondern erwarb sich auch großes Verständnis
für die Baukunst. Der Bischof von Straßburg nahm ihn als Begleiter-
aus einer Pilgerreise nach Jerusalem mit. König Heinrich Iii. lernte
ihn in Speier kennen und nahm ihn mit nach Goslar, damit er ihn
dort bei der Erbauung der Pfalz unterstütze. Auch dein jungen Könige
Heinrich Iv. war Benno ein trefflicher Ratgeber: er diente ihm haupt-
sächlich bei der Erbauung der Burgen im Harz und in Thüringen.
2. Als Bischof. Als um diese Zeit der Bischof von Osnabrück
starb, ernannte Heinrich Iv. Benno zu dessen Nachfolger; dieser nannte
sich jetzt Benno Ii. Aus kurze Zeit besuchte er unser Bistum; aber
der König wollte ihn am liebsten stets in seiner Nähe haben. Benno
begleitete ihn während der Sachsenkriege und unterzeichnete auch die
Urkunde mit, durch welche Papst Gregor für abgesetzt erklärt wurde.
Dafür traf ihn der Bannstrahl; deshalb pilgerte er wie sein König
über die Alpen und erbat sich vom Papste Verzeihung. In seinen
letzten Jahren widmete er sich ganz dem Wohle seines Bistums. Gleich
nach seiner Wahl hatte er gelobt, in seinem Bistum eine Kirche zu
bauen und ein Kloster zu stiften. Als Ort für beide wählte er den
Hügel, aus welchem ehemals die alte Iburg gestanden hatte, der ihm
gehörte. Mehrere fromme Leute schenkten ihm Ländereien, ja ganze
Höfe, von deren Erträgen die Mönche leben sollten. Als er anfing zu
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Extrahierte Personennamen: Heinrichs
Anhänger Heinrichs Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Heinrich_V. Heinrich_V. Sischof_Senno Heinrichs Heinrichs Benno_von_Osnabrück Straßburg Heinrich_Iii Heinrich Heinrich_Iv Heinrich Benno Osnabrück Heinrich_Iv Heinrich Benno Benno_Ii Benno Gregor Gregor
34
Peterskirche in Rom verwenden. Der Ablaßhändler Tetzel knin auch
in die Nähe Wittenbergs, und viel Volks ans der Stadt lief zu ihm.
Er verkaufte Ablaß für Mord, Ehebruch und Meineid, selbst für Sünden
Verstorbener; von der Notwendigkeit der Buße sagte er nichts. Um
diesem Mißbrauch zu steuern, schrieb Luther seine Ansicht über den
Ablaß in 95 Sätzen auf einen Bogen und nagelte ihn am 31. Oktober
1517 an die Thür der Schloßkirche in Wittenberg. Diese Sätze wollte
er gegen jedermann verteidigen; einer derselben lautete: „Die werden
samt ihren Meistern zum Teufel fahren, die da vermeinen, durch Ablaß-
briefe ihrer Seligkeit gewiß zu sein." Die Sätze wurden abgeschrieben
und gedruckt; in vier Wochen hatteil sie die ganze Christenheit durch-
laufen, als wären die Engel selbst Botenläuser gewesen. Der Papst
forderte Luther zur Verantwortung nach Rom; aber Friedrich der Weise
wollte ihn vor dieser Gefahr behüten und bewirkte, daß er in Deutsch-
land verhört wurde. Als aber der Papst Luther weder durch Drohung
noch durch Güte zum Schweigen zu bringen vermochte, that er ihn in
den Bann; Luther verbrannte jedoch die Bannbulle und sagte sich damit
öffentlich vom Papste los.
2. Reichstag zu Worms. Ein Jahr zuvor hatten die deutschen
Fürsten Karl V. zum Kaiser gewählt, der Spanien, die Niederlande,
Österreich, einen Teil von Italien und große Gebiete in Amerika und
Asien besaß, so daß er mit Recht sagen konnte: „In meinem Reiche
geht die Sonne nicht unter." Diesen mächtigen Kaiser rief der Papst
gegen den Mönch zu Hülfe. Karl hielt in Worms seinen ersten Reichs-
tag und lud auch Luther dazu, indem er ihm freies Geleit zusicherte.
Luthers Freunde warnten ihn, man werde ihn wie Huß verbrennen;
er aber sprach: „Wenn sie zwischen Wittenberg und Worms ein Feuer
machten, das bis zum Himmel reichte, so wollte ich doch hin." Vor
Worms ließ ihn ein Freund nochmals warnen, erhielt aber zur Ant-
wort : „Und wenn in Worms so viel Teufel wären, wie Ziegel auf den
Dächern, wollte ich doch hinein!" Gleich nach seiner Ankunft wurde er
vor den Reichstag geladen. Dort saß aus erhabenem Thron der Kaiser,
zu beiden Seiteil die Kurfürsten, Herzoge. Bischöfe, Grafen und Herren;
aus einer Bank erblickte Luther seine Schriften. Der Kaiser ließ ihn
fragen, ob er die Schriften verfaßt habe und ob er sie widerrufen
wolle. Luther lvar von all dem Glanz wie geblendet. Die erste Frage
beantwortete er mit Ja, für die Beantwortung der zweiten aber erbat
und erhielt er einen Tag Bedenkzeit. Die folgende Nacht verbrachte er
in inbrünstigem Gebet. Sv gestärkt trat er am anderen Tage ent-
schlossen vor die Versammlung; in einer lateinischen Rede, die er auf
Verlangen deutsch wiederholte, verteidigte er seine Schriften, und als
der Kaiser eine kurze und bündige Antwort verlangte, antwortete Luther:
„So will ich eine geben, die weder Horner noch Zähne hat. Wenn man
mir ans der heiligen Schrift nachweiset, daß ich unrecht gelehret habe,
will ich widerrufen, sonst nicht. Hier stehe ich, ich kann nicht anders,
Gott helfe mir!" Seine Rede machte einen tiefen Eindruck; alles Volk
strömte herbei, um den kühnen Mönch 51t sehen.
3. Auf der Wartburg. Der Kaiser gewährte Luther auch für die
Heimreise freies Geleit, nach seiner Abreise aber that er ihn in die
Reichsacht: niemand sollte ihn hausen, hosen oder ätzen, sondern, wer
seiner habhaft würde,. dem Kaiser ausliefern; seine Schriften sollten
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Luther Karl_V. Karl_V. Karl Karl Luthers Luther
Extrahierte Ortsnamen: Rom Wittenbergs Wittenberg Rom Worms Spanien Niederlande Italien Amerika Asien Worms Wittenberg Worms Worms Worms
9
afrifst und Spanien unterworfen. Karl zog über die Pyrenäen, eroberte
das Land bis zum Ebro zurück und verleibte es als spanische Mark
seinem Reiche ein. Auf dem Rückwege wurde sein Heer in den Pyrenäen
von den Eingeborenen übersatten, wobei auch der sagenberühmte Held
Roland seinen Tod fand. Als der Papst von dem Könige der Longo-
barden bedroht wurde, rief er Karl um Hilfe an. Dieser besiegte den
Longobardenkönig, der auch sein Gegner war, und ließ sich selber zum
Könige der Langobarden krönen. Später mußte er den Papst noch
öfter beschützen. Im Jahre 800 feierte er in Rom das Weihnachtsfest. Als
er um Mitternacht am Altar der Peterskirche kniete, nahte sich ihm plötz-
lich der Papst, setzte ihm eine goldene Krone ans und salbte ihn mit ge-
weihtem Öle zum römischen Kaiser. Das Volk aber rief dreimal: „Leben
und Sieg dem von Gott gekrönten großen und sriedenbringenden Kaiser der
Römer!" Dann stimmte die ganze Gemeinde eineil feierlichen Krönungs-
gesang an. Damit war das in der Völkerwanderung untergegangene
römische Kaisertum wieder aufgerichtet; Karl aber betrachtete sich seit-
dem als Herrn der gesamten Christenheit und als Schirmherrn der
römischen Kirche.
4. Bistum Osnabrück. Um das Christentum den Sachsen näher
zu bringen, legte Karl in ihrem Lande Bistümer an. Einem frommen
Priester aus Friesland mit Namen Wiho schenkte er einen großen
Hof, der auf dem jetzigen Domhvs in Osnabrück lag, und erbaute
dort eine hölzerne Kirche. Wiho wurde der erste Bischof von Osnabrück.
Er und andere Geistliche, die seine Gehülfen waren, zogen in der Um-
gegend umher, lehrten und tauften. Sobald sich eine genügende Anzahl
bekehrt hatte, wurde für sie eine neue Kirche errichtet. Die ältesten
Kirchen unsers Bistums nächst dem Dome sind die zu Melle, Bramsche,
Dissen, Wiedenbrück, Damme und Hunteburg. In der Grafschaft
Bentheim predigten Missionare aus dem Kloster Utrecht; der be-
deutendste von ihnen war Luidger, der später der erste Bischof von
Münster wurde. Die älteste Kirche Bentheims sott die zu Ohne sein; die
Kirchen in Schüttors und Nordhorn sind wahrscheinlich von Luidger ge-
gründet. Karl der Große soll auch schon in Meppen eine Kirche erbaut
haben, und Luidger predigte an der Ems ebenfalls das Evangelium;
aber das Land Äeppen und Lin gen ist hauptsächlich von Mönchen
der Klöster Korvey und Werden bekehrt worden, die in Meppen und
Visbeck Missionshäuser gründeten. Die älteste Kirche dieser Gegend
soll die zu Bvkelo sein; sehr alt sind auch die zu Meppen, Aschendorf,
Lengerich, Schapen und Freren.
Außer dem Bistum Osnabrück gründete Karl im Sachsenlande
noch die Bistümer Münster, Paderborn, Minden, Verden und Bremen.
Lingen und Meppen gehörten zum Bistum Osnabrück; von Bentheim
dagegen gehörte die Öbergrasschaft zu Münster, die Untergrafschast zu
Utrecht. Der Bischof führte die kirchliche Aufsicht über seinen Sprengel
und erhielt von allen Einwohnern desselben den Zehnten. Zu seinem
Schutze setzte Karl einen Vogt ein, der mit seinem Kriegsvolk für Ruhe
und Ordnung sorgte und an Stelle des Kaisers Recht sprach. Unter
seinem Schutze siedelten sich in der Nähe des Bischofs außer dessen
Dienern auch Bauern, Kaufleute und Handwerker an, die nach Beendi-
gung des Gottesdienstes ihre Waren feilboten. So entstanden Märkte,
die ebenso wie der Gottesdienst Messen genannt wurden. Die Bischofs-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T48: [Land Rhein Reich Volk Sachsen Römer Franken Jahr Karl Gallien]]
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Extrahierte Personennamen: Karl Roland Karl Karl Gott Karl Karl Karl Karl Wiho Osnabrück Karl Karl Karl Karl Karl
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sie unter das ebenfalls von ihm gegründete Erzbistum Magdeburg. Zur
Bekehrung der Dänen errichtete" er das Bistum Schleswig. Als um
diese Zeit die Ungarn noch einmal einen Einfall in Deutschland wagten,
schlug er sie ans dem Lechselde so gewaltig aufs Haupt, daß sie niemals
wiederkamen. Znm Dank nannte man Otto den Großen.
2. Erwerbung der Kaiserkrone. Wie Karl der Große wollte auch
Otto die Kaiserwürde erlangen und oberster Herr der Christenheit sein.
Als 962 der Papst von einem italienischen Fürsten bedrängt wurde,
ries er Otto um Hilfe an; dieser befreiete ihn und erhielt dafür vom
Papste die Kaiserkrone. Das deutsche Reich hieß seit dieser Zeit „heiliges
römisches Reich deutscher Nation." Die Römer mußten dem Kaiser ver-
sprechen, daß sie ohne seine Einwilligung niemals einen Papst wählen
wollten. Auch die späteren deutschen Könige haben nach der Kaiserwürde
gestrebt, und viele haben sie erlangt; das deutsche Volk war das erste
der ganzen Christenheit.
8. Heinrich Iv.; 1077.
1. Seine Jugend und sein Kampf mit den Sachsen. Nachdem alle
männlichen Nachkommen König Heinrichs I. gestorben waren, wählten
die Deutschen wieder fränkische Fürsten zu ihren Königen; der dritte
derselben war Heinrich Iv. Er war schon zu Lebzeiten seines Vaters
znm Könige gewählt, aber erst sechs Jahre alt, als dieser starb; deshalb
führte feine Mutter für ihn die Regierung. Aber die Fürsteil wollten
einer Frau nicht gehorchen; daher raubten sie den jungen König und
regierten selber für ihn. Zuerst war er in der Gewalt des Erzbischofs
Hanno voil Köln, der U)u sehr streng erzog; dann kam er zu dem Erz-
bischof Adalbert von Bremen,_ der ihm zu viele Freiheit gewährte und
ihm Haß gegen die Sachsen einflößte. Schon mit dem 15. Lebensjahre
übernahm Heinrich selber die Regierung. Er weilte gern in Goslar
aus der Pfalz, welche sein Vater erbaut hatte und die in unseren
Tageil wieder aufgebaut ist. Aus bcu Bergen des Harzes nnb Thürin-
gens errichtete er stolze Burgen; die schönste war die Harzbnrg. Die
Sachsen aber wähnten, mit Hülfe dieser Burgen wolle Heinnch ihre
Freiheit unterdrücken. Deshalb erhoben sie sich und zerstörten die
Burgen; der König entkam nur mit genauer Not. Aber mit Hülfe der
Städte am Rhein besiegte er die Sachsen und verheerte ihr Land mit
Feuer und Schwert. In dieser Not baten sie den Papst um Hülfe.
2. Kampf mit Gregor Vii. Auf dem päpstlichen Stuhle saß da-
mals Gregor Vii., ein sittenstrenger Mann von eiserner Willenskraft.
Er wollte ilicht nur die Kirche von der weltlichen Macht ganz unabhängig
»lachen, sondern die Macht des Papstes, der schon damals als Oberhaupt
der ganzen christlichen Kirche galt, über die kaiserliche erhöhen. Deshalb
gebot er den Geistlichen Ehelosigkeit, verbot die Simonie, d. i. den
Verkauf geistlicher Ämter, und beanspruchte die Investitur, d. i. das
Recht, die Bischöfe einzusetzen, das bisher der Kaiser gehabt hatte. Er
forderte Heinrich ans, die Bischöfe zu entlassen, welche ihr Amt durch
Simonie erlangt hätten; ja er bedrohte ihn sogar mit dem Bann. Das
hatte lloch kein Papst einem deutschen Könige geboten. Voll Grimm
versammelte Heinrich die deutschen Bischöfe und ließ durch sie bcu Papst
absetzen; deshalb that dieser den König in den Bailn. Er löste alle
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Extrahierte Personennamen: Otto Karl_der_Große Karl Otto Otto Heinrich_Iv. Heinrich_Iv. Heinrichs_I. Heinrich_Iv Heinrich Hanno Heinrich Heinrich Gregor_Vii Gregor Gregor_Vii Gregor Heinrich Heinrich Grimm Heinrich Heinrich
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harter Kämpfe. Die Mitglieder des Deutschen Ordens mußten Deutsche
sein; sie trugen über ihrem Panzer einen weißen Mantel mit schwarzem
Kreuze. Als später Palästina den Christen verloren ging, ließ sich der
Deutsche Orden in Venedig nieder; seine segensreichste Wirksamkeit hat
er aber in Preußen entfaltet.
12. Friedrich Karbarojsa und Heinrich der Löwe; 1180.
1. Kämpfe in Italien. Etwa 50 Jahre nach dem Tode Heinrichs I V.
wählten die Deutschen Fürsten Friedrich von Hohenstaufen zu ihrem
Könige. Er trug seinen Namen von seinem Stammschlosse, das auf
dem hohen Staufen in Schwaben lag; die Italiener nannten ihn Bar-
barossa, d. i. Rotbart. Er war ein ritterlicher Held, der sich Karl den
Großen und Otto den Großen zum Vorbilde nahm. Wie jene zwang
auch er Dünen, Böhmen und Polen zum Gehorsam und wollte _ das
kaiserliche Ansehen in Italien wiederherstellen. Aber die italienischen
Städte waren durch den Handel reich und mächtig geworden und ver-
weigerten ihni den Gehorsam; die Römer hatten sogar den Papst ver-
jagt. Deshalb brach Friedrich mit einem großen Heere nach Italien
aus; seine stärkste Stütze war sein junger Vetter, der Welse Heinrich
der Löwe, Herzog von Sachsen. Friedrich führte den Papst nach Rom
zurück und empfing dafür von ihm in der Peterskirche die Kaiserkrone.
Voll Ingrimm überfielen deshalb die Römer das deutsche Herr, das
vor den Thoren lagerte. Aber Heinrich der Löwe, ans den sie zunächst
stießen, trieb sie mit seinen Sachsen zurück; er rettete auch seinem
Kaiser das Leben, den fein Roß im Kampfgewühl auf der Tiberbrücke
ans dem Sattel geschleudert hatte. Dankerfüllt nahm ihm Friedrich den
Helm vom wunden Haupte, wischte ihm das Blut ab und sprach: „Das
werde ich Dir gedenken, Heinrich!" Nach Deutschland zurückgekehrt, gab
er dem Löwen auch das Herzogtum Bayern, das dessen Vater ebenfalls
zu Lehen gehabt hatte. Noch fünfmal mußte Friedrich über die Alpen
ziehen; aber er konnte die italienischen Städte nicht vollständig unter-
werfen.
2. Heinrich der Löwe war jetzt nächst dem Kaiser der mächtigste
Fürst Deutschlands; dazu breitete er seine Macht noch immer weiter
aus. Er kämpfte gegen die Wenden jenseit der unteren Elbe und er-
oberte Mecklenburg und Pommern bis zur Ostsee. Deutsche Kolonisten,
besonders ans Niedersachsen, ließen sich dort nieder, neue Bistümer
traten ins Leben, und so wurde das Christentum und deutsches Wesen
in jenen Ländern heimisch. Durch Heinrich den Löwen wurde Lübeck
die mächtigste Handelsstadt der Ostsee, München hat er gegründet; auch
Hannover und Braunschweig wurden erst durch ihn wichtige Städte.
Viele deutsche Fürsten beneideten den mächtigen Welsen; er aber ließ
ihnen zum Hohn vor seiner Burg in Brannschweig einen ehernen Löwen
errichten. Auch der Löwenpudel in Osnabrück erinnert an Heinrich den
Löwen.
3. Heinrichs Fall. Da der Kaiser seine Gegner in Italien nicht
zu überwinden vermochte, rief er Heinrich den Löwen zur Hülfe; dieser
aber verweigerte ihm die Heeresfolge, infolgedessen wurde Friedrich be-
siegt. Zornig kehrte er nach Deutjchland zurück und erklärte Heinrich
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TM Hauptwörter (200): [T171: [Heinrich Otto Herzog Kaiser König Friedrich Sohn Konrad Sachsen Schwaben], T57: [Orden Polen Preußen Land Hochmeister Ritter Marienburg Stadt deutsch Jahr], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_Karbarojsa Friedrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Friedrich_von_Hohenstaufen Friedrich Karl Karl Otto Friedrich Friedrich Heinrich
der_Löwe Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich Friedrich Friedrich Heinrich_der_Löwe Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Heinrich Heinrich Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Venedig Italien Schwaben Italien Italien Sachsen Rom Tiberbrücke Deutschland Deutschlands Pommern Ostsee Niedersachsen Osnabrück Italien Deutjchland